Wertebasierte Rechtskommunikation in Öffentlichkeit und Presse

Litigation-PR Konferenz 2021

Am 11. November 2021 fand die 6. Litigation-PR-Tagung unter dem Titel «Wertebasierte Rechtskommunikation in Öffentlichkeit und Presse» statt. Dieses Jahr konnten 21 ExpertInnen an der ZHAW SML begrüsst werden, unter anderem Florian Klenk, Béatrice Wertli, Christopher Hauss, Marcel Kohler und Sanija Ameti.

Auch die 6. Litigation-PR-Tagung 2021 fand unter den Eindrücken und Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie statt. Trotzdem konnte Prof. Dr. Patrick Krauskopf, Host der Tagung und Leiter des Zentrums für Wettbewerbsrecht und Compliance der ZHAW SML, gut 100 Teilnehmende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht nur digital, sondern auch vor Ort willkommen heissen. Die ZHAW SML wird damit Ihrem Anspruch gerecht, auch in schwierigen Zeiten ein Raum für den inter- und transdisziplinären Austausch von Wissenschaft und Praxis in der Litigation-PR zu sein. Prof. Dr. Jens Lehne, seines Zeichens Leiter der Abteilung Business Law der ZHAW SML, setzte schliesslich den Rahmen für den Diskurs: Die Zunehmende Polarisierung der Gesellschaft durch Krisen wie die aktuelle Pandemie und Social Media. Denn in einem solchen unsicheren Umfeld nachhaltig zu kommunizieren, wird für Organisationen immer schwieriger.

Begrüssung von Jens Lehne: Link zum Video-Mitschnitt auf YouTube

Nik Gugger: «Die ZHAW SML als Ort für Theorie und Praxis der Litigation-PR»

Als erster Key-Note-Speaker begann Schweizer Nationalrat und Sozialunternehmer Nik Gugger. Aus seiner Sicht fehlt es aktuell an einem grundlegenden Verständnis was Litigation-PR ist und wann man als Praktiker in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die entsprechende Expertise braucht, obwohl der Bedarf entsprechender Expertise und Beratung gross ist. Dabei kann gerade eine Institution wie die ZHAW SML, die Theorie und Praxis verbindet, der ideale Ort dafür sein, dieses Grundverständnis zu schaffen. Denn dafür benötigt es einen Ort des aktiven, offenen, aber auch kritischen Austausches und der Reflexion zwischen Forschenden, Lernenden, Lehrenden sowie Anwendenden aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Entsprechend müsse nicht nur die ZHAW als Institution «Die zarte Pflanze der Litigation-PR hegen und pflegen», sondern auch die Politik und die Wirtschaft die entsprechenden Bemühungen unterstützen.

Key-Note von Nik Gugger: Link zum Video-Mitschnitt auf YouTube

Béatrice Wertli und Christopher Hauss: «Litigation-PR im Spannungsfeld von “kritischer Presse” und “Pressecampaigning”»

Anschliessend diskutierten Béatrice Wertli, Direktorin und Vorsitzende der Geschäftsleitung des Schweizerischen Turnverbands (STV), und Christopher Hauss, Sprecher VW Litigation Communications, das Spannungsfeld kritischer Berichterstattung in der Presse und organisiertem «Pressecampaigning». Moderiert von Patrick Krauskopf wurden die mit dem Thema des Interviews einhergehenden Fragen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, insbesondere bezüglich der Unterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland, die Herausforderung, die eigenen Inhalte der interessierten Öffentlichkeit wie den Medien nachhaltig zu vermitteln und die Unterschiede zwischen einem Unternehmen wie VW und einem Verein wie dem STV. Dabei waren sich sowohl Béatrice Wertli wie Christopher Hauss darin einig, dass persönliche Beziehungen zu Medien- und Medienschaffenden ein «Muss» sind. Denn diese persönlichen Beziehungen erlauben es, anders als durch Pressemitteilung, die eigene Perspektive entsprechend nachhaltig kommunizieren zu können. Dabei geht es, insbesondere in Krisensituationen, nicht ums «Schönreden», sondern ums Erklären und die Kontextualisierung der eigenen Handlungen.

Interview mit Béatrice Wertli und Christopher Hauss: Link zum Video-Mitschnitt auf YouTube

Hans-Peter Huber und Ralf Kunkel: «Auch Richter lesen Zeitung»

Digital aus Berlin zugeschaltet waren Ralf Kunkel, Managing Director der Bernstein Group, und Hans-Peter Huber, Rechtsanwalt bei Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB. In ihrem Referat fokussierten sie sich auf darauf, was es bedeutet, dass auch Richter in ihrem beruflichen wie privaten Alltag Medien konsumieren. Denn das lässt den Schluss zu, dass auch Richter «sehr wohl beeinflussbar sind», sowohl im positiven wie im negativen Sinne. Um dieser Tatsache im Rahmen eines Rechtsprozesses Rechnung zu tragen, müssen JuristInnen und KommunikationsexpertInnen in der Litigation-PR verstehen, dass sie ein Team zu bilden haben, indem die Kompetenz jedes einzelnen von gleicher Wichtigkeit für den Erfolg im jeweiligen Verfahren ist. Denn nur durch dieses Miteinander können Synergien geschaffen werden, die, insbesondere in kritischen Situationen können, die Basis für eine nachhaltige, strategische Kommunikationsstrategie schaffen, sowohl im ‘court of public opinion’ wie im Gerichtssaal.

Referart von Hans-Peter Huber und Ralf Kunkel: Link zum Video-Mitschnitt auf YouTube

Florian Klenk: «Anwälte, Medien und die fünfte Gewalt: vom Wert der ritualisierten Wahrheitssuche in der Demokratie»

In der zweiten Key-Note des Tages präsentierte der österreichische Investigativjournalist und Chefredaktor des falter, Dr. Florian Klenk, seine Analyse der Veränderungen im Verhältnis von Medien, Anwälten und sozialen Netzwerken nicht nur in den letzten Jahren, sondern auch mit Verweis auf die aktuellen Entwicklungen in Österreich. Auf finanzieller Ebene stehen die Medien vor der Herausforderung, dass die sozialen Netzwerke dem Journalismus die finanzielle Grundlage absaugen, während sie gleichzeitig Daten sammeln und den Content der Journalisten dafür nutzen, die User noch länger auf deren Seiten verweilen zu lassen. Gleichzeitig haben vor allem Populisten verstanden, wie die sozialen Netzwerke funktionieren und dass sie darüber direkten Zugang zu einem Millionenpublikum haben, ohne sich dabei kritischen Fragen stellen zu müssen. Sie missbrauchen diese Möglichkeit, um JournalistInnen, Medienschaffende, Staatsanwälte, StafverteidigerInnen und RichterInnen anzugreifen, während sie gleichzeitig behaupten, der «vermeintlich schwache Staat» sei «zu langsam oder politisch korrupt». Dies führt zu einer «Rückkehr der parteipolitischen Propaganda – in einer Intensität, die wir vor zehn Jahren noch für unmöglich gehalten hätten», so Florian Klenk. Dadurch werden im Rahmen von Rechtstreitigkeiten dann nicht nur JournalistInnen, die kritisch berichten wollen, ins Visier genommen und unter Druck gesetzt, sondern auch JuristInnen und RichterInnen, sei durch Anprangerung in den sozialen Netzwerken oder Doxing einzelner MitarbeiterInnen von Strafverfolgungsbehörden. Bei dieser und anderer negativen Entwicklungen müsse man jetzt, so Florian Klenk, nicht gleich «hysterisch sein», aber dennoch «wachsam». Denn JournalistInnen und JuristInnen, insbesondere StrafverteidigerInnen, sind letztlich «nicht Vertreter und Handlanger der Macht, sondern ihre Gegenspieler». Dass der Einfluss der sozialen Medien auch die Erwartungshaltung des Publikums verändert, bestätigte im anschliessend Zweiergespräch der Geschäftsführer von 20minMarcel Kohler: «Die Leute werden tendenziell von den sozialen Medien sozialisiert. Sie haben den Eindruck sie haben ein Recht, dass ihr Kommentar bei 20min abgedruckt wird.»

Key-Note von Florian Klenk: Link zum Video-Mitschnitt auf YouTube
Gespräch mit Florian Klenk, Marcel Kohler und Patrick Krauskopf: Link zum Video-Mitschnitt auf YouTube

Panel: «Emotionen statt Fakten? Wertebasierte Rechtskommunikation in Öffentlichkeit und Medien»

Im anschliessenden «all female»-Panel, moderiert von Claudia Sedioli, Dozentin am ZHAW IAM, diskutierten die Teilnehmenden ihre Sicht als Expertinnen auf das Thema «Emotionen statt Fakten? Wertebasierte Rechtskommunikation in Öffentlichkeit und Medien». Im Mittelpunkt stand die Frage, «welche Rolle spielen Werte in Kommunikation, wenn es um klassische Litigation-PR geht», sei es in der Politik, für Unternehmen, aber auch in der Verbandskommunikation oder bei Interessensgruppen und politischen Organisationen. Für Dagmar Jenni, ihres Zeichens Direktorin der Swiss Retail Federation, sind die aktuellen Debatten keine neuen, jedoch haben Werte einen grösseren Stellenwert darin erhalten, sowohl im öffentlichen wie im privaten Diskurs, was entsprechende Herausforderungen mit sich bringt. Sanija Ameti, Juristin, Doktorandin am Institut für Öffentliches Recht der Universität Bern und Co-Präsidentin der Operation Libero, verwies dabei darauf, dass in diesen Debatten abstrakte juristische Begriffe vielfach nicht funktionieren. Man müsse diese greifbarer machen – und leider auch manchmal etwas populärer und damit verständlicher werden. Für Elisabeth Pechmann, ommunikationsexpertin und Inhaberin von PECHMANN_NETZWERK in Österreich, sind Werte “die traurigen Missbrauchsopfer der Unternehmenskommunikation”. Sie gab den Teilnehmenden folgende Leitfragen mit auf den Weg, wenn sie Strategien in der Litigation-PR entwickeln: “Wen setze ich als Repräsentanz? Welche Eskalationsstufen bereite ich vor? Wie entwickle ich die Frame, Story und Rollen beziehungsweise deren Besetzung?”.

Panel-Diskussion: Link zum Video-Mitschnitt auf YouTube

Mit einer Zusammenfassung der Tagung und der Danksagung an die ExpertInnen, die Teilnehmenden und die Partner durch Patrick Krauskopf endete die 6. Litigation-PR-Tagung. Am 10. November 2022 findet bereits die 7. Litigation-PR-Tagung statt. Alle Informationen dazu sowie die Möglichkeit, sich für den Newsletter anzumelden, gibt es auf der Webseite der Tagung: https://www.litigation-pr.eu

Hybride Litigation-PR-Tagung

Die Durchführung als hybride Veranstaltung bedingte auch einige andere strukturelle Anpassungen. So wurde die Tagung live über YouTube als Stream angeboten, während die Teilnehmenden vor Ort direkt in den Austausch eingebunden wurden. Auch zukünftig wird die Litigation-PR-Tagung auf entsprechende hybride Elemente setzen, um Teilnehmende auf unterschiedliche Weise in den Diskurs einbinden zu können. Die genaue Ausgestaltung wird in den kommenden Monaten evaluiert und weiterentwickelt.

Die Workshops der 6. Litigation-PR-Tagung

Die Teilnehmenden konnten auch 2021 aus einem diversen Angebot an Workshops auswählen. Daniela Frau und Michael Rudin behandelten das Thema «Diversity: Krisen und Chancen im Management und Kommunikation». Dr. Adis Merzanovic, Dr. Adrienne Suvada und Christoph Abels fokussierten sich auf das Thema «Shitstorms und Cancel Culture – Wie Kommunikationsabteilung und Rechtsdienst in der Krise zusammenarbeiten können». Schliesslich diskutierten Dr. Katharina Hastenrath und Kay Weidner das Thema «Kommunikation vor, während und nach einem Kartellverfahren – Kavaliersdelikt oder Worst Case Szenario».

Gala-Dinner mit Bundesrichter Dr. Christoph Hurni

Auch dieses Jahr fand im Anschluss der Tagung ein Gala-Dinner im Haus zu Geduld in Winterthur statt. Die Key-Note zu Inspiration wurde vom Schweizer Bundesrichter Dr. Christoph Hurni gehalten. Aufgrund der Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie musste die Zahl der Gäste am Gala-Dinner dieses Jahr kleiner ausfallen.

Besuchen Sie die Tagungswebseite für mehr Informationen.

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